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Fallbeispiel: Umsetzung von Nachhaltigkeit in kohlenstoffintensiven Industrieunternehmen (Teil 1)

28.05.2023 | Nachhaltigkeit | 0 Kommentare

DAS WICHTIGSTE IM ÜBERBLICK

  • Wir haben ein kohlenstoffintensives Industrieunternehmen dabei unterstützt, mit der zielorientierten CO2-Bilanzierung zu beginnen, um Nachhaltigkeit unter realen Arbeitsbedingungen zu integrieren. Auf diese Weise konnten Potenziale identifiziert werden, um CO2 zu reduzieren.
  • Der Fokus lag auf der Optimierung des Energieverbrauchs und der Reduktion von CO2-Emissionen, um Nachhaltigkeit beispielhaft im Unternehmensbetrieb zu berücksichtigen.
  • Auf Basis einer individuellen Beratung konnte für die aktuellen Herausforderungen des Betriebes eine maßgeschneiderte Lösung erarbeitet werden. Selbstverständlich ist der Weg hin zur Integration von Nachhaltigkeit in die Unternehmenspraxis von Branche zu Branche unterschiedlich.

Wie kann Nachhaltigkeit konkret im Unternehmen umgesetzt werden? Wir zeigen Ihnen anhand eines konkreten Fallbeispiels Möglichkeiten auf, wie dies erfolgreich gelingt und welche positiven Effekte für Kunden und andere Stakeholder entlang der Wertschöpfungskette daraus resultieren.

So können Industrieunternehmen CO₂-Emissionen reduzieren

Dieses Fallbeispiel wird in zwei Teilen vorgestellt. Der erste Teil – dieser Beitrag – bezieht sich auf die Schritte, die zur Umsetzung des Prozesses erforderlich sind. Der zweite Teil konzentriert sich vor allem auf die Transformationsfähigkeit und die Aspekte, die den langfristigen Wandel eines Unternehmens unterstützen. 

Wir haben in einem anderen Beitrag bereits die Grundlagen zur Initiierung nachhaltiger Praktiken im Unternehmen beschrieben. Hierbei haben wir uns in erster Linie darauf bezogen, wie Nachhaltigkeit unter „Laborbedingungen“ in ein Unternehmen integriert werden kann: Zunächst beginnen wir mit der allgemeinen Entwicklung einer Strategie und operationalisieren diese dann in den nächsten Schritten. 

In der Realität funktioniert das aber meist nicht so. Deshalb wollen wir Ihnen in diesem Artikel anhand eines konkreten Beispiels zeigen, wie Nachhaltigkeit im Unternehmen unter normalen Arbeitsbedingungen erfolgreich umgesetzt werden kann.

Verständnis schaffen, um CO2-Emissionen zu reduzieren

Im vorangegangenenletzten GrundlagenaArtikel über das Thema Nachhaltigkeit im Unternehmen haben wir festgestellt, dass wir zuerst das Problem und die Ausgangssituation verstehen müssen, um dann zwischen dem Dringlichen, dem Möglichen und dem Vorhandenen den richtigen Startpunkt zu finden. 

Es ist wichtig, ein gewisses Verständnis über die Ausgangslage, die Herausforderungen und auch die Chancen einer nachhaltigen Transformation zu schaffen und durch erfolgreiches Transformationsmanagement Synergieeffekte zu nutzen.  

In diesem Fallbeispiel geht es um einen großen Hersteller in der Stahlindustrie (halbfertige Produkte). Eine der wichtigsten Ressourcen, die für die Herstellung von Stahlprodukten benötigt wird, ist Energie aus fossilen Brennstoffen. Da die Verbrennung fossiler Brennstoffe enorme Mengen an Kohlenstoffemissionen verursacht, verschärft sie erheblich die Probleme des Klimawandels. Daher sollten wir uns darauf konzentrieren, den Energieverbrauch zu optimieren und Emissionen zu reduzieren bzw. die CO2-Kompensation anzugehen. 

In unserem Fallbeispiel wurde im Unternehmen bereits damit begonnen, Informationen über die Kohlenstoffemissionen zu sammeln. Allerdings erfolgte dies lediglich stichprobenartig und diente hauptsächlich zur Erfüllung der Berichtspflichten, nicht jedoch, um Nachhaltigkeit als zentralen Aspekt zu integrieren. 

Dem Unternehmen fehlte also ein tieferes Verständnis für den strategischen Wert, den diese Informationen für das Geschäft haben können. Das bereits vorhandene Wissen dient dem Unternehmen in dieser Situation demnach nicht wirklich, sondern verschwendet vielmehr personelle, verfahrenstechnische und finanzielle Ressourcen. 

Hinzu kommt, dass Kunden und andere Stakeholder entlang der Wertschöpfungskette zunehmend Transparenz bezüglich Treibhausgasemissionen verlangen, da sie diese Informationen für ihre eigenen Berichtspflichten und Entscheidungsfindungen benötigen.

Erfahren Sie mehr über die Anforderungen an Nachhaltigkeitsberichte und wie Sie die CSRD erfolgreich umsetzen können.

Ergänzend zur Offenlegung von Informationen über den Kohlenstoffausstoß wurde von dem Unternehmen eine Strategie zum Umgang mit Klimagasen bzw. ein Plan zur Reduzierung des Kohlenstoffausstoßes angefordert. 

In diesem Fall haben wir dem Unternehmen geholfen, einen offensichtlichen Ansatzpunkt zu identifizieren: Informationen über die Ist-Situation zu sammeln (Analyse des CO2-Fußabdruckes), Transparenz zu schaffen und aussagekräftige Key Performance Indicators (KPIs) zu entwickeln, um die Entwicklung der Treibhausgasmissionen in Richtung zukünftiger Ziele zu lenken wie z.B. Klimaneutralität. 

Im Rahmen des Prozesses haben wir der Organisation zudem dabei geholfen, konkrete Ziele zu definieren, um die CO2-Emissionen maßgeblich zu reduzieren. Dies erfolgte in integrierter Weise in Bezug auf die weiteren strategischen Ziele des Unternehmens. Wenn Sie sich die Grafik ansehen, können Sie sehen, wohin der Impuls uns führte.

Ziele und KPIs definieren für mehr Nachhaltigkeit im Unternehmen: Ein Beispiel

Die Entscheidung, den CO2-Fußabdruck zu analysieren, ist schnell getroffen. Es ist jedoch ratsam, sich vor Beginn der Arbeit Gedanken über den gewünschten Nutzen zu machen: 

Benötigen Sie die CO2-Bilanzierung aus Marketinggründen, um ein Zertifikat zu erhalten, um Ihre Lieferkette zu informieren (und welchen Teil davon) oder um sich auf Klimaneutralität vorzubereiten? Und für welche Prozesse oder Produkte genau? Die Antworten auf diese Fragen können die Definition der KPIs beeinflussen. 

Das Unternehmen in unserem Beispiel befindet sich in einer sehr frühen Phase der Lieferkette. Zum allgemeinen Verständnis: In der Endphase der Lieferkette für Produkte macht der „Einkauf von Waren und Dienstleistungen“ (Scope 3) im Durchschnitt etwa 85 % der Treibhausgasemissionen des Produktlebenszyklus aus. Wenn Sie – wie unser Unternehmen – ein Frühphasenlieferant sind, haben Sie einen größeren Anteil des Ursprungs dieser 85 %. 

Dies hat eine Reihe von Auswirkungen, zum Beispiel: 

  1. Um Informationen über Produktemissionen an die Lieferkette zu übermitteln, muss das Unternehmen die Informationen auf effiziente Weise darstellen und vermitteln können. Wie wir gesehen haben, fordern Kunden diese Informationen bereits heute an, und die Nachfrage wird weiter steigen. 
  1. Das Unternehmen steht unter dem Druck, die Kohlenstoffauswirkungen seiner Produktion im Interesse der gesamten Lieferkette zu reduzieren. Daher sollten die Kohlenstoffindikatoren so gewählt werden, dass sie als Informationsgrundlage für strategische Entscheidungen dienen können. 

Ausgehend von der Tatsache, dass Kunden bereits Informationen über den Kohlenstoffausstoß sowie einen Plan zur Verringerung der Kohlenstoffemissionen angefordert haben, haben wir gemeinsam mit dem Unternehmen ein Ziel entwickelt: Klimaneutralität bis 2045, im Einklang mit den sog. Science Based Targets. 

Die Ziele und der Pfad zur Zielerreichung entsprechen somit den wissenschaftlichen Erkenntnissen und ermöglichen eine Transformation in der Art und Geschwindigkeit, dass die Einhaltung der Ziele des Paris-Abkommens gewährleistet ist und eine beachtliche Menge an Co2-Emissionen eingespart werden kann. Um die globale Erwärmung und die damit verbundenen Umweltauswirkungen zu reduzieren, ist dies ein wichtiger Beitrag. 

Es wurde entschieden, bereits zu Beginn den CO2-Fußabdruck inklusive Scope 3 auf Basis des Greenhouse Gas Protocol zu erstellen. Die Entscheidung hierzu fiel leicht, da die Datenerfassung auf der Grundlage der bereits verfügbaren Prozessdaten gut machbar erschien. 

Vor diesem Hintergrund haben wir das Unternehmen in einem ersten Schritt dabei unterstützt, die Kohlenstoffemissionen entlang seiner Prozesse weiter zu bewerten und – ganz wichtig – aussagekräftige KPIs zu definieren, darunter Product Carbon Footprints für bestimmte Prozessteile. Darauf aufbauend können sowohl Kohlenstoffreduktions- als auch Kreislaufpotenziale analysiert werden und als Grundlage für die Ziel- und Strategieentwicklung dienen.

Die EU verfolgt eine Vielzahl von klimapolitischen Zielen, um Europa bis 2050 klimaneutral zu machen. Zu den wichtigsten Programmen zählt der der 2019 verabschiedete Green Deal, der dazu beiträgt, die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen. Wir geben Ihnen einen Überblick über den Green Deal der EU.

Planung der Implementierung zur Reduzierung von CO2Emissionen im Unternehmen

Das Unternehmen verfügte bereits seit einigen Jahren über ein effizientes Datenerfassungs- und Energiemanagementsystem. Dadurch war es möglich, den Energieverbrauch für jeden Produktionsschritt sehr genau zu verfolgen. 

Auf dieser Grundlage konnte der CO2-Fußabdruck mit einem vergleichsweise geringen Aufwand erstellt werden. Dies ermöglichte auch die Bestimmung des Product Carbon Footprints inklusive Scope 3, was ohne eine solche Datenbasis ein sehr langwieriger und arbeitsintensiver Prozess ist. 

Auf Basis dieser Erkenntnisse konnte das Transformationskonzept mit spezifischen Maßnahmen rasch entwickelt werden. Aus den mehr als 15 identifizierten Maßnahmen wurden anschließend lang-, mittel- und kurzfristige Maßnahmen abgeleitet. 

Einige der 15 Maßnahmen können unmittelbar umgesetzt werden, sodass schnelle Ergebnisse erzielt und Bedürfnisse der Kunden zügig erfüllt werden können. Die mittel- und langfristigen Initiativen sind eher taktischer und strategischer Natur und ermöglichen so eine ganzheitliche Perspektive sowie eine Transformation, die Produktentwicklung, Geschäftsmodell und Stakeholder-Beziehungen einbezieht. 

Vor dem Projekt konnte das Unternehmen seine Ansatzpunkte für signifikante Kohlenstoffeinsparungen nicht identifizieren, geschweige denn die Relevanz der Maßnahmen für den Unternehmenserfolg im Ganzen bewerten. 

Die zielorientierte CO2-Bilanzierung hat dies nun möglich gemacht. In der Hauptproduktkategorie des Unternehmens konnten sechs bis sieben Faktoren gefunden werden, die für etwa 80–90% der Kohlenstoffemissionen verantwortlich sind, die während der Produktion entstehen. Hierauf wurde der Fokus gerichtet, um künftig CO2-Emissionen reduzieren zu können.

Mit gutem Beispiel vorangehen: Projekte für mehr Nachhaltigkeit im Unternehmen umsetzen

Einige der mittel- bis langfristigen Projekte, die auf den Erkenntnissen der CO2-Bilanzierung beruhen, bestehen darin, Produkte und Geschäftsmodelle so umzugestalten, dass sie kohlenstoffärmer und zirkulärer werden. Außerdem müssen Infrastrukturprojekte durchgeführt werden, wie z. B. die Einführung effizienter Trockenöfen, die auch mit nicht-fossilen Energiequellen betrieben werden können. 

Ein weiteres Beispiel: Eine der 15 Maßnahmen besteht darin, werksübergreifende Prozesse zu überdenken. Bislang produzierte das Unternehmen nach dem Make-to-Order-Prinzip: 

Immer dann, wenn der Kunde – in diesem Fall ein anderes überbetriebliches Werk – Rohprodukte bestellte, wurde die Produktion geplant und durchgeführt. Diese Produktion in kleinen Losen ist sehr individuell, was zu einer schlechten Maschinenauslastung, ineffizienten Transporten und unnötigem Abfall führt. 

Durch teilweise Umstellung auf das Make-to-Stock-Prinzip, sprich Produktion auf Lagerhaltung, mit Abrufung der Produkte vom Kunden direkt von dort, können einige Vorteile realisiert werden:  

  • sinkende Komplexität durch reduzierte Produktvielfalt 
  • Einsparungen beim Transport und Reduktion von Ausschuss und Abfall. 

Alle diese Effekte haben auch einen signifikanten CO2-Reduktionseffekt. Da die Produkte aus rostfreiem Stahl gefertigt sind, können sie im Freien gelagert werden, sodass keine zusätzlichen Gebäude für die Lagerung anfallen. Dies trägt wiederum dazu bei, CO2-Emissionen zu reduzieren. 

Dies ist natürlich eine individuelle Lösung, die nicht für jedes Unternehmen möglich ist. Gerne unterstützen wir Sie dabei, für Ihren individuellen Fall die passenden Maßnahmen zu identifizieren. Erfahren Sie außerdem mehr darüber, wie Transparenz in der Wertschöpfungskette dazu beitragen kann, den zukünftigen Unternehmenserfolg zu sichern.

Ergebnis des Projekts: Zukünftige Bemühungen, um CO2-Emissionen zu reduzieren

Als Ergebnis kann das Unternehmen – und wird es in Zukunft noch mehr – Transparenz über seinen CO2-Fußabdruck herstellen; sowohl auf Unternehmens- als auch auf Produktebene. 

Auf dieser Grundlage können die Informationen an Kunden weitergeben werden. Darüber hinaus kann das Unternehmen eine Strategie zur Reduzierung seines gesamten CO2-Fußabdrucks entwickeln, die von unten nach oben in die Prozesse implementiert werden kann, während der Motor des Unternehmens kontinuierlich läuft. In den nächsten Schritten wird eine Gesamtstrategie für das Geschäftspotenzial entwickelt und in die Unternehmensziele integriert, um Nachhaltigkeit beispielhaft im Unternehmen zu verankern. 

Hinsichtlich der Prozesse war das Unternehmen im Allgemeinen gut aufgestellt, um seine Nachhaltigkeitsreise zu beginnen und schnelle Ergebnisse anzustreben. Es war sich dessen nur nicht bewusst und fühlte sich von den Nachhaltigkeitsanforderungen und den verfügbaren Informationen überfordert.

Fazit

ENDURE hat dem Unternehmen dabei geholfen, sich des Ziels sicher zu werden, einen Weg zu finden und einen guten Ausgangspunkt zu bestimmen. Diese Dinge berühren teilweise die Transformationskompetenz, die im zweiten Teil dieser Artikel-Reihe behandelt wird. Wir empfehlen Ihnen wärmstens, sich auch in diese Thematik einzulesen, falls Sie sich für das vorgestellte Fallbeispiel interessieren. 

Die zielorientierte CO2-Bilanzierung hat im Unternehmen entscheidende Ansatzpunkte identifiziert, um CO2Emissionen zu reduzieren. Darauf aufbauend wird nun eine Strategie verfolgt, die im Einklang mit den Zielen des Paris-Abkommens steht. 

Die genannten Maßnahmen leisten einen maßgeblichen Beitrag zur Nachhaltigkeit und langfristigen Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens. 

Wenn Sie sich für weitere konkrete Praxisfälle interessieren, empfehlen wir Ihnen unsere Fallstudie zum CO2-Transformationskonzept in der Stahlindustrie. 

Aus Erfahrung können wir sagen, dass die meisten Unternehmen in der Regel ein verborgenes Potenzial haben, um schnell große Verbesserungen im Bereich der Nachhaltigkeit zu erzielen. Wir bei ENDURE können Ihnen dabei helfen, dieses Potenzial zu erkennen und weiterzuentwickeln. 

Haben Sie Interesse daran, mehr über Ihr verborgenes Potenzial zu erfahren? Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung! 

Bildquelle: https://www.istockphoto.com/de/portfolio/daboost 

FAQ
Wie kann ein kohlenstoffintensives Unternehmen seine CO2-Emissionen reduzieren?

Ein kohlenstoffintensives Unternehmen kann seine CO2-Emissionen durch die Implementierung einer zielorientierten CO2-Bilanzierung, die Optimierung des Energieverbrauchs und die Einführung nachhaltiger Produktionsprozesse reduzieren. Es ist wichtig, konkrete Maßnahmen und KPIs zu definieren, um den Fortschritt zu messen und die Emissionen kontinuierlich zu senken.

Warum ist die Transparenz der CO2-Emissionen entlang der Wertschöpfungskette wichtig?

Transparenz der CO2-Emissionen entlang der Wertschöpfungskette ist wichtig, da Kunden und andere Stakeholder zunehmend genaue Informationen über Treibhausgasemissionen verlangen. Diese Transparenz ermöglicht es Unternehmen, fundierte strategische Entscheidungen zu treffen und ihre Nachhaltigkeitsziele effektiv zu kommunizieren.

Was sind die Vorteile der Lagerung von Produkten aus rostfreiem Stahl im Freien?

Produkte aus rostfreiem Stahl können im Freien gelagert werden, sodass keine zusätzlichen Lagergebäude erforderlich sind. Dies reduziert nicht nur die Betriebskosten, sondern trägt auch dazu bei, CO2-Emissionen zu reduzieren, da weniger Bau- und Energiekosten anfallen.