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Gesetzliche Anforderungen von Klimaschutz und Nachhaltigkeit: wie Industrieunternehmen heute erfolgreich planen können

28.02.2022 | Nachhaltigkeit | 0 Kommentare

DAS WICHTIGSTE IM ÜBERBLICK

  • Die Industrie steht vor vielfältigen Herausforderungen durch sich ständig ändernde gesetzliche Anforderungen und neue Klimaschutzziele. Eine langfristige und vor allem verlässliche Planung ist für Industrieunternehmen essenziell.
  • Insbesondere der Green Deal der EU und das Pariser Abkommen bieten klare langfristige Rahmenbedingungen für die Planung und Umsetzung von Klimazielen.
  • Ein effektives Szenarienmanagement und die Schaffung von Transparenz in der Wertschöpfungskette sind entscheidend für die erfolgreiche Umsetzung nachhaltiger Strategien und die Erreichung der angestrebten Ziele im Klimaschutz.

Die nachhaltige Transformation wird zu einem erheblichen Teil auch durch gesetzliche Rahmenbedingungen gestaltet. Gefühlt verändern sich regulatorische Anforderungen an die Industrie ständig und es kommen immer wieder neue Ziele zum Kilmaschutz hinzu. Doch wie können Unternehmen Klimaschutzziele langfristig und verlässlich miteinplanen und diese entsprechend umsetzen? Erfahren Sie, worauf zu achten ist. 

Wachsende gesetzliche Anforderungen – wie sollen wir Klimaziele planen?

Neulich raunte ein Kunde im Gespräch: „Wir sind hier strategisch im Blindflug unterwegs! Die sich ständig verändernden rechtlichen Rahmenbedingungen in puncto Nachhaltigkeit, wie sollen wir da vernünftige Investitionsentscheidungen in unseren Anlagenpark treffen? Weiß ich denn, ob meine Bewertung von heute in drei oder fünf Jahren noch Bestand hat? Wir investieren aber für mindestens zehn Jahre!“ 

Ähnliche Aussagen sind auf den Gängen vieler Unternehmen zu hören. Positiv beschrieben nehmen viele Unternehmen aus der Industrie die Regulierung in Bezug auf Umwelt und Nachhaltigkeit als sehr dynamisch wahr. 

Bestehende gesetzliche Rahmenbedingungen werden geändert und neue kommen hinzu. Zum Jahreswechsel 2022 taten in Deutschland beispielsweise etwa 10 neuen Regelungen im Bereich Umwelt und Energie in Kraft. 

Hinzu kommt, dass die Regulierung durch Gesetze und Verordnungen von unterschiedlichen Ebenen vorgenommen wird (EU, Bund, Land, Kommune) und teilweise verschiedene regionale Auswirkungen haben, so beispielsweise auch die Umsetzung der CSRD in Deutschland.  

Daher wird häufig bemängelt, dass verlässliche Rahmenbedingungen für Unternehmen, die eine langfristige Planung und Umsetzung der Klimaschutzziele ermöglichen, zunehmend gefährdet sind.

Interessieren Sie sich für konkrete Praxisbeispiele nachhaltiger Transformation aus unserer täglichen Arbeit? In einem anderen Beitrag stellen wir Ihnen eine Fallstudie vor, die zeigt, wie ein Konzept für die CO2-Transformation in der Stahlindustrie aussehen kann.

Klimaschutzziele umsetzen: Zielhorizont ist klar und bleibt stabil

Die Perspektive ist verständlich, trifft jedoch nicht ganz den Kern der Sache. Die regulatorischen Anforderungen sind in Bezug auf Planbarkeit eigentlich nicht so unzuverlässig. Schaut man nicht auf das „Wie“ der Regulierung, sondern betrachtet das „Warum“, zeigt sich eine konstante und planbare Ausrichtung, sogar für die kommenden Jahrzehnte. 

Spätestens mit der Verabschiedung des Paris Abkommens im Dezember 2015 und den 2016 in Kraft getretenen 17 nachhaltigen Entwicklungszielen (SDGs) der Vereinten Nationen sind die langfristigen Klimaschutzziele klar definiert und werden auch von der Weltwirtschaft unterstützt. Unternehmen können daher die Umsetzung der Klimaziele verlässlich planen.

In den letzten Jahren hat sich die Zielsetzung in Europa weiter konkretisiert: Es wird eine nachhaltige Transformation der Industrie angestrebt, hin zu einem klimaneutralen Wirtschaften. Erfahren Sie in diesem Kontext auch, wie wichtig ein erfolgreiches Transformationsmanagement ist und wie Sie durch Operational Excellence (OPEX) nachhaltigen Unternehmenserfolg sicherstellen.

Dies erfordert eine Umstellung der Energieversorgung, Mobilität, Logistik und teilweise auch der Produktionsverfahren und Wertschöpfungsketten. Diese Transformation soll die europäische Wirtschaft wettbewerbsfähig und idealerweise sogar noch attraktiver machen, etwa durch Technologieführerschaft in besonders wichtigen Bereichen wie Energie (Stichwort Wasserstoff) und Mobilität. 

Gleichzeitig sollen Industriezweige auf dem Weg der Transformation nicht überfordert werden. Industriebereiche und Regionen, denen durch die Transformation die Grundlage der Geschäftsmodelle entzogen wird (z.B. Kohleindustrie), soll die Teilhabe an der Wirtschaft der Zukunft ermöglicht werden. 

Sicherlich ist die Verknüpfung von langfristigen Klimaschutzzielen mit dem „Wie“ – also konkreten regulatorischen Maßnahmen – teilweise kontrovers und auch Teil eines gesellschaftlichen Diskurses. Unternehmen müssen aufgrund der sich ständig ändernden Interessen und Rahmenbedingungen damit rechnen, dass sich auch die spezifische Maßnahmen häufig ändern. 

Es ist daher sehr wahrscheinlich, dass es bei konkreten Maßnahmen häufig zu kurzfristigen Änderungen kommen wird. Was bedeutet dies also für Unternehmen, die Klimaschutzziele umsetzen möchten, bei Ihren heutigen Planungen und Entscheidungen?

Klimaschutzziele: Die Ansatzpunkte für die Regulierung sind definiert

Eine Möglichkeit zur Orientierung bietet das „Was“ der Regulierung, also des Regulierungsgegenstands, der die Zwischenebene zwischen Zielen und konkreten Maßnahmen darstellt. 

Und hier sind sich Gesetzgeber und Industrieverbände weitgehend einig. Der Green Deal der EU bietet das Rahmengerüst für die Regulierung in den kommenden Jahren und Jahrzehnten. Zu den wichtigsten Regulierungsgegenständen gehören dabei: 

  • Die Bepreisung von CO2 und anderen Treibhausgasen, beispielsweise durch die Einführung eines Handelssystems für Emissionszertifikate. Eine Möglichkeit für Betriebe, frühzeitig zu reagieren und Kosten zu vermeiden, ist die CO2-Kompensation für Unternehmen 
  • Anreizsysteme für Klimaneutralität Hierzu gehört zum Beispiel die Förderung von Transformationskonzepten nach BAFA-Modul 5 
  • Reform des Berichtswesens für Unternehmen, insbesondere die Erweiterung der Nachhaltigkeitsberichterstattung durch die CSRD-Berichtspflicht nach ESRS-Standards oder die Einführung eines Lieferkettengesetzes 
  • Förderung von Ansätzen der Kreislaufwirtschaft („Circular Economy-Ansätze“) zur Steigerung der Ressourceneffizienz und Abfallvermeidung , wie z.B im Circular Economy Aktionsplan der EU beschrieben 
  • Transparenz und Standardisierung der Nachhaltigkeitsperformance und entsprechende Anreize für Investoren und Einkäufer (insbesondere der öffentlichen Hand) für nachhaltiges Investment bzw. nachhaltige Beschaffung. Dies ist in der sogenannten EU-Taxonomie festgehalten 
  • Förderung von Innovation – beispielhaft sei hier der von der EU aufgelegte Innovationsfonds genannt 

Klimaziele in Szenarien planen und Transparenz in der Lieferkette als Erfolgsfaktoren

Diese regulatorischen Rahmenbedingungen und langfristigen Ziele hinter der Gesetzgebung können Unternehmen nun als Planungshorizont nutzen, um ihre Klimaziele vorausschauend zu planen. 

Anders als bei einer klassischen Planung und Entscheidungsfindung, bei der spezifische regulatorische Anforderungen konkret bewertet werden, sind Unternehmen nun dazu aufgerufen in Szenarien zu denken. 

Dies ist insbesondere bei langfristigen Planungen, wie Investitionsvorhaben, Produktdesign oder Geschäftsmodellentwicklung von Bedeutung. Bei diesem Planungsansatz werden also die Risiken verschiedener Szenarien bewertet und bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt. 

Um möglichst gute Risikobewertungen vorzunehmen, können sich Unternehmen zusätzlicher Methoden bedienen, wie zum Beispiel der Nutzung interner CO2-Preise oder Analysen der Wertschöpfungskette, auch über die eigenen Unternehmensgrenzen hinaus. 

Diese Transparenz hilft dabei, Potenziale zu entdecken und zu heben, die über das Nachkommen regulatorischer Anforderungen hinausgehen. 

Nebenbei bemerkt: Diese beschriebene Transparenz in der Wertschöpfungskette wird ein Knackpunkt für fast alle Industrieunternehmen sein. 

Sie ist nicht nur Voraussetzung für eine gute Planung, sondern auch entscheidend für die Umsetzung von Zukunftsstrategien und Innovationen. Für die meisten Branchen wird davon ausgegangen, dass neue Kooperationen und gemeinsames Handeln notwendig sind, um Klimaschutzziele zu planen und umzusetzen und auch den Zielen einer nachhaltigen Transformation gerecht zu werden. 

Dies erfordert teilweise neue Denkansätzen und auch Prozesse in den Unternehmen. Gleichzeitig bieten sich gesteigerte Chancen in Bezug auf die Teilhabe an Innovationen, den Zugang zu neuen Technologien, die Diversifizierung von Risiken und die Umsetzung der Digitalisierung. Letztere gilt wiederum als Treiber für eine nachhaltige Entwicklung.

Spezifische Vorgehensweise bei der Planung von Klimaschutzzielen ist abhängig von Branche und Umfeld

Was bedeutet dies nun konkret für einzelne Unternehmen? Zur Illustration hier ein paar kurze Beispiele für verschiedene Branchen: 

Unternehmen des Maschinenbaus sollten bei der Produktentwicklung die Energieeffizienz ihrer Anlagen oder auch der im Produktionsprozess eingesetzten Materialien berücksichtigen, wenn sie langfristige Klimaziele planen. Sowohl der Gesetzgeber als auch die Kunden verlangen nach effizienteren oder teilweise alternativen Lösungen. 

Dies kann vom Maschinenbauer neue Technologien erfordern: Es könnte sich die Frage stellen, ob der Kunde, welcher beispielsweise mit den Maschinen Stoffe aus Kunststoff herstellt, zukünftig auf biobasierte Rohstoffe zurückgreifen will oder muss. Gleichzeitig können sich aber auch Innovationspotenziale ergeben, da der Maschinenbauer mit einem vertieften Wissen über die Wertschöpfungskette des Kunden neue wertstiftende Dienstleistungen anbieten kann. 

Geschäftsmodelle der energieintensiven Industrie hängen meist von der Energieeffizienz der Produktionsprozesse sowie den Energiekosten ab. Für die langfristige Planung von Klimaschutzzielen sind daher Szenarien zur Entwicklung der Energiepreise einschließlich regulierter CO2-Preise relevant, verbunden mit Überlegungen zur Versorgungssicherheit und zum Zugang zu effizienteren Technologien im Produktionsprozess. Eine szenarienbasierte Planung ermöglicht es dabei, Risiken innerhalb der Wertschöpfungskette abzusichern. 

Hersteller von Fast Moving Consumer Goods (FMCG) werden relativ kurzfristig Transparenz zu Nachhaltigkeitskriterien wie Umwelt-, soziale und ethische Faktoren (ESG-Kriterien) schaffen.

Möchten Sie weitere Informationen zur Bedeutung von ESG (Environmental Social Governance) oder dem ESG-Reporting erhalten? Wir laden Sie ein, einen Blick auf unsere Beiträge zu diesem Thema zu werfen!

Neben regulatorischen Anforderungen, beispielweise aus dem Lieferkettengesetz, stellt auch der Handel entsprechende Anforderungen. Um langfristig Klimazielen zu planen, sollten daher Szenarien entlang der gesamten Wertschöpfungskette auf einer entsprechend fundierten Datenbasis berücksichtigt werden. 

Im Gegenzug profitieren auch die Unternehmen von der beschleunigten Realisierung von Effizienzpotenzialen sowie der Vermarktung besonders nachhaltig produzierter Güter.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass eine vorausschauende Planung agiles Handeln ermöglicht, um langfristige Klimaschutzziele im Unternehmen zu planen und umzusetzen. 

Der Umgang mit Nachhaltigkeitsregulierung erfordert eine Veränderung der Perspektive bei Unternehmen: Weg von einem rein reaktiven und auf Compliance ausgerichteten Ansatz und hin zu einer antizipierenden und reflektierten Betrachtung. Selbstverständlich bleibt Compliance Management und die Umsetzung spezifischer Anforderung ein Handwerkszeug, das alle Unternehmen beherrschen müssen. 

Für den langfristigen Erfolg reicht dies aber nicht mehr aus, da es sonst mit großer Wahrscheinlichkeit schwierig wird, der zukünftigen Dynamik zu folgen und an der Entwicklung zu partizipieren. 

Die Gefahr, als einzelnes Unternehmen abgehängt zu werden, wäre ziemlich real. Ein antizipierender Ansatz mit Szenarioplanung bietet noch weitere Vorteile: Neben einem robusteren Planungsprozess entwickeln sich oft auch agile Strukturen, die ein besseres Lernen und somit auch eine bessere Anpassungsfähigkeit an sich verändernde Rahmenbedingungen fördern. 

Damit schaffen Unternehmen nicht nur eine Planungsgrundlage für ihre anvisierten Klimaschutzziele, sondern entwickeln auch die entsprechende Umsetzungskompetenz in einem – zumindest hinsichtlich des „Wie“– volatilen regulatorischen Umfeld. 

Nutzen Sie bereits Szenarien, um Nachhaltigkeitsregulierungen in Ihren Strategie- und Produktionsprozessen zukünftig zu antizipieren? Wir sind gespannt auf Ihre Beispiele! Sprechen Sie uns gerne auch an, wenn Sie erfahren möchten, wie Sie bereits heute die notwendigen Kompetenzen für eine dynamische Regulierungsbetrachtung in Ihrem Unternehmen verankern können.

 

Quelle Titelbild: istockphoto.com/NicoElNino

FAQ
Wie können Unternehmen Klimaschutzziele effektiv planen?

Unternehmen sollten eine szenarienbasierte Planung nutzen, um langfristige Klimaschutzziele zu integrieren. Dies beinhaltet die Berücksichtigung verschiedener möglicher zukünftiger Entwicklungen in der Regulierung und Marktdynamik, um flexibel und vorbereitet zu bleiben.

Welche Rolle spielen gesetzliche Rahmenbedingungen bei der Planung von Klimaschutzzielen?

Gesetzliche Rahmenbedingungen, wie die im Europäischen Grünen Deal und im Paris Abkommen festgelegten Ziele, bieten eine Grundlage für Unternehmen, ihre Nachhaltigkeitsstrategien darauf auszurichten. Diese Regelungen helfen, langfristige Ziele zu definieren und Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele zu planen.

Wie können Unternehmen mit der Unsicherheit in der Regulierung umgehen?

Unternehmen sollten agile und adaptive Planungsmethoden anwenden, die es ihnen ermöglichen, auf kurzfristige Änderungen in der Regulierung zu reagieren. Der Einsatz interner CO2-Preise und die Analyse der Wertschöpfungskette sind Beispiele für Methoden, die helfen, Risiken zu bewerten und Chancen zu nutzen.

Welche spezifischen Maßnahmen können Unternehmen ergreifen, um ihre Klimaschutzziele zu erreichen?

Unternehmen können Technologien zur Steigerung der Energieeffizienz implementieren, in erneuerbare Energien investieren und die Kreislaufwirtschaft fördern. Zudem ist die Einhaltung und Übersteigung der regulatorischen Anforderungen durch innovative Ansätze wie CO2-Kompensation und Nachhaltigkeitsberichterstattung gemäß CSRD von Bedeutung.