Strategische Bedeutung von Nachhaltigkeit im Unternehmen – am Beispiel der industriellen Produktion

TRANSFORMATION // 15.03.2024

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Das Wichtigste im Überblick

  • Nachhaltigkeit wird zunehmend als wesentlicher strategischer Treiber in der industriellen Produktion anerkannt, der langfristige unternehmerische Potenziale freisetzen und die Wettbewerbsposition verbessern kann.
  • Die Umsetzung einer nachhaltigen Produktion ist für Industrieunternehmen trotz vorhandener Instrumente oft mit Komplexität und Unsicherheit verbunden.
  • Die erfolgreiche Umsetzung nachhaltiger Ziele erfordert ihre Integration in bestehende Transformationsprogramme wie beispielsweise Operational Excellence (OPEX), Lean Production oder Six Sigma.
  • Die Kreislaufwirtschaft bietet einen Anreiz zur Identifikation von Nachhaltigkeitspotenzialen in der Produktion und Lieferkette. Systematische Analysen ermöglichen es, die Menge an Abfällen zu reduzieren und neue Geschäftsmodelle durch die Nutzbarmachung von Reststoffen aufzudecken.

Herausforderungen bei der Implementierung einer nachhaltigen Produktion in der Industrie

Die Notwendigkeit einer nachhaltigen Transformation in der produzierenden Industrie hat in den letzten Jahren enorm an Bedeutung gewonnen. Die Industrie steht seither vor einer doppelten Herausforderung: Es gilt nun nicht mehr nur, effiziente Produktionsprozesse zu gewährleisten, sondern auch eine nachhaltige Produktion zu implementieren.

Im Bereich der Produktionseffizienz haben sich bereits Konzepte wie „Lean Production“ als entscheidende Faktoren für Kosteneffizienz, Liefertreue und Qualität etabliert. Sie zählen zu wesentlichen Treibern für Produktionsoptimierung und -transformation.

Doch bei der Integration von Nachhaltigkeit in industrielle Produktionsabläufe sehen sich Produktionsbetriebe mit komplexen Überlegungen und Unsicherheiten konfrontiert:

  • Welchen Mehrwert bietet Nachhaltigkeit in industriellen Produktionsprozessen?
  • Wie kann Nachhaltigkeit in bestehende Produktionssysteme integriert werden?
  • Ist Nachhaltigkeit lediglich ein Hygienefaktor oder entwickelt sie sich zu einem strategischen Treiber?
  • Wie lässt sich Nachhaltigkeit an bereits existierende Transformationsprogramme wie OPEX‚ Lean Production, TPM oder Six Sigma anknüpfen?

Status quo von Nachhaltigkeit in der Fertigung

In der Praxis zeigt sich, dass die Mehrheit der Unternehmen Nachhaltigkeit vorwiegend als Hygienefaktor betrachtet. Etablierte Zielsetzungen bleiben unangetastet und Nachhaltigkeit wird als externe Anforderung wahrgenommen – sei es von Politik, Kunden, Investoren oder anderen Stakeholdern wie Mitarbeitenden –, der man lediglich gerecht werden muss.

Werden zur Umsetzung entsprechender Maßnahmen und zur Einhaltung der Anforderungen in Unternehmen Stabsstellen eingerichtet, werden diese daher häufig nur unzureichend in die zentralen Planungs- und Produktionsprozesse integriert und es entstehen Silo-Strukturen.

Im Gegensatz dazu steht die Perspektive von Nachhaltigkeit als strategischer Treiber. Hier erfolgt die Integration von Nachhaltigkeit in die Gesamtstrategie und Prozesse werden gezielt im Hinblick auf ihren nachhaltigen Mehrwert entwickelt und gesteuert. Diese Herangehensweise eröffnet die Möglichkeit, einen umfassenderen Blick zu erhalten und neue Chancen sowohl innerhalb als auch außerhalb der bestehenden Strukturen und Systeme zu identifizieren.

Die Wahl des „richtigen“ Ansatzes ist stark von der strategischen Orientierung und dem Umfeld eines Unternehmens abhängig. Obwohl ein integrierter Ansatz zweifellos zu einer erhöhten Komplexität führt, ist es offensichtlich, dass das Erkennen und Ausschöpfen langfristiger unternehmerischer Potenziale sowie eine wesentliche Verbesserung der Wettbewerbsposition eine integrierte Betrachtung von Nachhaltigkeit als strategischem Treiber erfordern.

Notwendigkeit einer ganzheitlichen und integrierten Strategie für eine nachhaltige Produktion

Eine Grundvoraussetzung für den Erfolg einer nachhaltigen Transformation in der industriellen Produktion ist die klare Definition der strategischen Ziele für das Unternehmen als Ganzes. Entscheidend ist, dass Nachhaltigkeitsziele nicht isoliert betrachtet, sondern als integraler Bestandteil der Gesamtstrategie des Unternehmens verstanden und umgesetzt werden.

In der Praxis zeigt sich immer wieder, dass eine einfache Ergänzung von Nachhaltigkeitszielen in eine bestehende Zielmatrix nicht den erhofften Mehrwert schafft, weder ökonomisch noch ökologisch. Die Umsetzung der Strategie in konkrete Indikatoren und Maßnahmen kann erst dann sinnvoll erfolgen, wenn die Zusammenhänge deutlich werden. Ein Unternehmen, das sich beispielsweise zum Ziel setzt, bis 2035 CO₂-neutral zu werden, sollte sich demnach auch bewusst sein, in welchem Zusammenhang Klimaneutralität mit dem wirtschaftlichen Erfolg und anderen strategischen Unternehmenszielen steht.

Häufig bleibt die Bedeutung von Nachhaltigkeit im Unternehmen als Ganzes unklar – und entsprechende Maßnahmen werden im schlimmsten Fall als zusätzliche, wenig wirkungsvolle Arbeit wahrgenommen. So werden zwar entsprechende Kennzahlen für einzelne Produktionsbereiche erhoben, eine zielorientierte Steuerung findet jedoch nicht statt, da die Bedeutung, die die Zahl für den Gesamterfolg hat, nicht greifbar ist.

Deshalb ist es wichtig, dass die Abhängigkeiten und Prioritäten zwischen den Zielen transparent sind und auf allen Ebenen des Unternehmens verstanden werden. Um dies zu erreichen, muss die Bedeutung einer nachhaltigen Zielorientierung allen Mitarbeitenden des Unternehmens kommuniziert werden. Jeder und jede Mitarbeitende sollte nachvollziehen können, inwieweit er bzw. sie die entsprechende Kennzahl operativ beeinflussen kann und welche Maßnahmen bei möglichen Zielkonflikten zu priorisieren sind.

Es wird deutlich, dass eine ganzheitliche Betrachtung und Integration von Nachhaltigkeit im Unternehmen notwendig ist, um die Potenziale zur Optimierung betrieblicher Prozesse und zur Verbesserung der Wettbewerbsposition voll auszuschöpfen.

Integration von Nachhaltigkeit in bestehende Produktionssysteme – Wege zu Operational Excellence

Die nahtlose Integration von Nachhaltigkeit in die Unternehmensstrategie und Kennzahlensysteme eröffnet einen vielversprechenden Pfad für eine zielgerichtete Umsetzung. Besonders effizient gestaltet sich dieser, wenn er nahtlos in ein schlankes Produktionssystem integriert wird.

Die strategische Verknüpfung von Nachhaltigkeit und Operational Excellence (OPEX) geht über die Schaffung effizienter Produktionsprozesse hinaus. Sie initiiert einen tiefgreifenden Kulturwandel im Unternehmen, der sich durch eine kontinuierliche Verbesserung und die aktive Einbindung der Mitarbeitenden auszeichnet. Diese strategische Verbindung bildet das Fundament für eine nachhaltige Ausrichtung und hebt das Produktionssystem auf ein neues Niveau.

Die gesteigerte organisatorische Transformationskompetenz durch Operational Excellence verleiht Unternehmen Resilienz in einem sich ständig wandelnden und komplexen Umfeld. Zudem ermöglicht sie es ihnen, kompetenter auf aktuelle Herausforderungen zu reagieren und proaktiv auf entstehende Chancen einzugehen.

Bewährte Methoden wie Lean Management oder Six Sigma können hierbei gezielt eingesetzt werden, um Nachhaltigkeitsziele schneller zu erreichen. Denn die strukturierten Ansätze bieten nicht nur die Möglichkeit, Produktionsprozesse zu optimieren, sondern auch nachhaltige Praktiken in die bestehenden Prozesse und Strukturen zu integrieren. Die Umweltschutzagentur der USA hat bereits erfolgreiche Beispiele für die systematische Anwendung dieser Methoden im Nachhaltigkeitskontext dokumentiert.

Kreislaufwirtschaft als Impuls für Nachhaltigkeit in der gesamten Lieferkette

Die Integration von Nachhaltigkeit im Unternehmen und in den Produktionsprozessen erhält durch den Fokus auf Kreislaufwirtschaft einen zusätzlichen Impuls. Diese Perspektive erlaubt eine systematische Analyse und Transparenz in der gesamten Wertschöpfungskette – sowohl innerhalb des Unternehmens als auch darüber hinaus. Zudem hilft es beispielsweise dabei, vermeidbare Abfälle und Verluste aufzudecken.

Somit können integrierte Zielsysteme definiert und entsprechende Steuerungssysteme implementiert werden, die auch die gesamte Lieferkette abbilden. Dies ermöglicht es nicht nur, effizienter und ressourcenschonender zu produzieren, sondern auch Innovationspotenziale zu erkennen und alternative Geschäftsmodelle zu entwickeln.

Auf dem Weg zur nachhaltigen Produktion: Unsicherheiten und praktische Hürden

Die Implementierung einer nachhaltigen Produktion in der Industrie ist ein vielschichtiges Unterfangen, das sich trotz vorhandener Werkzeuge oft komplex gestaltet und Unsicherheiten bei den Produktionsbetrieben hervorruft. Viele Fragen sind offen und bedürfen einer vertieften Auseinandersetzung, darunter:

  • Wie kann eine ganzheitliche und integrierte Strategie entwickelt werden? Und welche Barrieren ergeben sich bei der Umsetzung in der Praxis?
  • Wie entwickelt sich das regulatorische Umfeld für die Industrie? Und können OPEX-Programme dazu beitragen, die Anforderungen an die Nachhaltigkeit in der Fertigung zu beschleunigen?
  • Welche langfristigen Vorteile ergeben sich für Unternehmen durch die nachhaltige Produktion? Und welche Auswirkungen auf die Unternehmensstrategie lassen sich aus der Produktionsperspektive identifizieren?
  • Welche Potenziale bietet Kreislaufwirtschaf? Und wie können diese erkannt und realisiert werden?

 

Die aufgeworfenen Fragen verdeutlichen die Herausforderungen, die mit der Transformation in der Fertigung verbunden sind. Es ist entscheidend, diese nicht als unüberwindbare Hindernisse zu betrachten, sondern vielmehr als Chancen für die Entwicklung und Umsetzung ganzheitlicher Strategien. In diesem Zusammenhang bietet die Integration nachhaltiger Praktiken in die Produktionsprozesse nicht nur die Möglichkeit, die Umweltauswirkungen zu minimieren, sondern eröffnet auch langfristige Vorteile für die Wettbewerbsfähigkeit und die strategische Ausrichtung des Unternehmens. Die Überwindung der praktischen Hürden ist aus dieser Perspektive nicht lediglich ein Zwischenschritt, sondern eine entscheidende Etappe auf dem Weg zur Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens.

 

 

Quelle Titelbild: pexels.com/fauxels

 

FAQ

Was versteht man unter Nachhaltigkeit in der industriellen Produktion?

Nachhaltigkeit in der industriellen Produktion bezieht sich auf die Integration von umweltfreundlichen und sozial verantwortlichen Praktiken in die Herstellungsprozesse. Ziel ist es, Ressourcen effizient zu nutzen, Emissionen und Abfälle zu reduzieren sowie die Arbeitsbedingungen zu verbessern, um langfristig ökonomisch, ökologisch und sozial nachhaltig zu agieren.

Wie kann Nachhaltigkeit in bestehende Transformationsprogramme wie OPEX integriert werden?

Nachhaltigkeit lässt sich in bestehende Transformationsprogramme wie Operational Excellence (OPEX) integrieren, indem sie in die Strategie und Kennzahlensysteme eingebettet wird. Dies fördert eine Kultur der ständigen Verbesserung und befähigt Mitarbeitende, flexibel und vorausschauend zu Problemlösungen beizutragen, die sowohl den Unternehmenserfolg als auch Nachhaltigkeitsziele unterstützen.

Welche Rolle spielt die Kreislaufwirtschaft in der nachhaltigen Produktion?

Die Kreislaufwirtschaft spielt eine zentrale Rolle in der nachhaltigen Produktion, indem sie eine systematische Analyse von Produktionsprozessen ermöglicht. Dies hilft, Abfälle und Verluste zu identifizieren und zu reduzieren und bietet Potenziale für die Nutzbarmachung sowie Vermarktung von Reststoffen. Kreislaufwirtschaft fördert somit nicht nur Nachhaltigkeit, sondern kann auch Innovationspotenziale und neue Geschäftsmodelle aufdecken.

Welche Herausforderungen gibt es bei der Umsetzung nachhaltiger Produktionsstrategien?

Bei der Umsetzung nachhaltiger Produktionsstrategien stehen Unternehmen oft vor Herausforderungen wie der Entwicklung einer integrierten Strategie, dem Umgang mit dem sich wandelnden regulatorischen Umfeld und der Überwindung von Barrieren in der Praxis. Zudem erfordert es eine kontinuierliche Anpassung und Verbesserung der Prozesse, um langfristig von nachhaltiger Produktion zu profitieren.

Wie können Unternehmen eine ganzheitliche und integrierte Nachhaltigkeitsstrategie entwickeln?

Unternehmen können eine ganzheitliche und integrierte Nachhaltigkeitsstrategie entwickeln, indem sie Nachhaltigkeitsaspekte direkt in ihre Unternehmensstrategie und Zielmatrix einbinden. Wichtig ist, die Beziehung zwischen Nachhaltigkeitszielen und dem wirtschaftlichen Erfolg zu verstehen und klare Abhängigkeiten sowie Prioritäten zwischen Zielen zu definieren. Dadurch ist es möglich, Synergien zu nutzen und eine zielorientierte Umsetzung zu fördern.

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