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Erfolgreiche Energiekostensenkung durch datenbasierte Prozessoptimierung in der Papierindustrie

17.10.2024 | Operational Excellence | 0 Kommentare

DAS WICHTIGSTE IM ÜBERBLICK
  • Standards und Prozesskontrollen als Baustein eines erfolgreichen OPEX-Programms ermöglichen es, Ineffizienzen systematisch zu identifizieren und langfristig Kosten zu senken.
  • Durch die Sicherung von Wissen und die Standardisierung von Arbeitsabläufen wird eine höhere Produktivität und Produktqualität erreicht
  • Schwankungen in der Produktion, beispielsweise in Leistungsunterschieden einzelner Schichten, können gezielt verringert werden. 
  • Die Integration von Künstlicher Intelligenz unterstützt in der Prozessüberwachung und Wartung durch Analysen von Mustern, wodurch Produktionsausfälle und Materialverluste minimiert werden können und weitere Effizienzpotenziale erschlossen werden.
Die Herausforderungen im Energiemanagement nehmen in der Industrie einen immer höheren Stellenwert ein, insbesondere in energieintensiven Branchen wie der Papierherstellung. In diesem Artikel zeigen wir ein Beispiel zur Energiekostensenkung anhand eines Projekts, welches wir im Zeitraum Juli 2024 bis September 2024 durchgeführt haben. Dieses Projekt konzentrierte sich auf die Optimierung der Ventilation in den Trocknungspartien einer Papiermaschine. Ein Prozess, der bisher zu einem übermäßigen und hohen Stromverbrauch führte. Die gezielte Analyse und Optimierung der Betriebsprozesse ermöglichte signifikante Einsparungen bei den Energiekosten, ohne dabei die Produktqualität zu beeinträchtigen.
Lesen Sie in unserem OPEX-Whitepaper, wie ein ganzheitliches OPEX-Programm aufgebaut ist. Erfahren Sie mehr über Erfolgsfaktoren, zielgenaue Umsetzung und welche Bausteine essenziell für eine Transformation Ihrer Organisation sind.

Vorgehensweise & Ergebnisse

I. Ausgangssituation

Im Ausgangszustand war der Stromverbrauch der Ventilationssysteme in den Trocknungsbereichen der Papiermaschine außerordentlich hoch. Dies konnte vor allem auf fehlende Prozessgrenzen und die manuelle Steuerung der Ventilatordrehzahlen zurückgeführt werden. Sowohl eine kontinuierliche Überwachung als auch eine Analyse der Stromverbräuche waren nicht vorhanden. Einen weiteren kritischen Punkt stellte das Fehlen eines funktionsfähigen Automatikmodus dar, der eine bedarfsgerechte Steuerung der Ventilation hätte übernehmen können.

II. Zielsetzung des Projekts

Das Hauptziel des Projekts bestand darin, den Stromverbrauch der Ventilation deutlich zu senken, ohne dabei die Qualität des Endprodukts zu beeinträchtigen. Um dies zu erreichen, sollte ein automatisierter Betriebsmodus entwickelt und implementiert werden, der die Ventilatordrehzahlen in Abhängigkeit von den Prozessanforderungen regelt. Eine weitere Zielsetzung war die langfristige Sicherung dieser Optimierung durch die Integration in das bestehende Shopfloor-Management-System. Dabei wurde eine jährliche Energiekosteneinsparung von etwa 350.000 Euro angestrebt.

III. Vorgehensweise: Datenbasierte Prozessanalyse

Das Projekt wurde in mehreren Schritten umgesetzt, wobei die Analyse der vorhandenen Betriebsdaten den Grundstein legte. Die wichtigsten Schritte des Projektansatzes lassen sich wie folgt zusammenfassen:

1. Analyse der vorhandenen Betriebsdaten

Im ersten Schritt wurden die bisherigen Einstellungen der Ventilationssysteme, die Stromverbräuche, die Qualitätsdaten der Papierproduktion sowie die Laufzeiten der Maschinen genau ausgewertet. Dabei lag der Fokus auf der Identifizierung ineffizienter Betriebszustände und der Ermittlung von Potenzialen zur Senkung des Stromverbrauchs.

2. Implementierung eines optimierbaren Automatikmodus

Auf Grundlage der Analyseergebnisse wurde ein Automatikmodus entwickelt, der die Ventilatordrehzahlen in Abhängigkeit von den Prozessanforderungen regelt. Die Steuerung erfolgte mittels einer matrixbasierten Logik, die es ermöglichte, die Drehzahlen flexibel an die jeweiligen Produktionsbedingungen anzupassen.

3. Herstellung eines Referenzzustands

Ein weiterer wichtiger Schritt war die Parametrierung der Steuerung auf Basis der bestehenden Prozessdaten. Ziel war es, einen stabilen Referenzzustand zu schaffen, auf dem zukünftige Optimierungen aufbauen können.

4. Prozessoptimierung

Durch empirische Untersuchungen wurden neue Prozessgrenzen definiert, die eine weitere Optimierung der Betriebsparameter ermöglichten. Diese neuen Grenzen stellten sicher, dass der Automatikmodus dauerhaft effizient arbeitet und der Stromverbrauch minimiert wird, ohne dass die Produktqualität darunter leidet.

IV. Ergebnisse und Erfolge

Das Projekt konnte innerhalb von nur drei Monaten erfolgreich abgeschlossen werden und erzielte beeindruckende Ergebnisse:

  • Reduzierung des Stromverbrauchs um ca. 12 %: Durch die Implementierung des Automatikmodus und die Optimierung der Ventilationssteuerung konnte der Stromverbrauch um etwa 12 % gesenkt werden. Dies entspricht einer jährlichen Kosteneinsparung von rund 320.000 Euro. Wichtig dabei zu erwähnen ist, dass die Kosteneinsparung ohne Einbußen bei der Produktqualität erzielt wurde.
  • Return on Investment (ROI): Der ROI des Projekts lag bei weniger als zwei Monaten, was die wirtschaftliche Effizienz des Projekts unterstreicht. Innerhalb kürzester Zeit konnten die Investitionskosten durch die eingesparten Energiekosten wieder hereingeholt werden.
  • Langfristige Prozesssicherung: Die neu etablierten Prozesse wurden erfolgreich in das bestehende Shopfloor-Management integriert. Dadurch ist sichergestellt, dass die optimierten Betriebsparameter dauerhaft überwacht und eingehalten werden. Ein automatischer Bericht zur Prozesskontrolle unterstützt dieses Management, wodurch das Bewusstsein für den Energieverbrauch gestärkt und eine kontinuierliche Prozessverbesserung gefördert wird.
  • Grundlage für weitere Optimierungen: Mit der Schaffung eines stabilen Referenzzustands und einer klar definierten Prozessmatrix wurde die Grundlage für zukünftige Optimierungen gelegt. Durch diese strukturierten Prozesse können weitere Testläufe zur kontinuierlichen Verbesserung der Effizienz durchgeführt werden.

Ablauf eines Fokusprojektes

Der Ablauf eines Fokusprojektes gliedert sich in mehrere wesentlichen Phasen, die systematisch aufeinander aufbauen, um eine effiziente Umsetzung und nachhaltige Ergebnisse zu gewährleisten.

Projektdefinition 

Zu Beginn des Projekts erfolgt die Teambildung, in deren Rahmen ein engagiertes und kompetentes Team zusammengestellt wird. Im Anschluss wird eine klare Zielbeschreibung erarbeitet, die die spezifischen Erwartungen und Ergebnisse des Projekts definiert. Diese Phase schließt mit einer umfassenden Planung, die die nächsten Schritte und notwendigen Ressourcen festlegt

Daten & Schwerpunkte

In dieser Phase wird die Datensammlung initiiert, um alle relevanten Informationen zur Analyse und Entscheidungsfindung zu erhalten. Eine kontinuierliche Datenerhebung wird etabliert, um ein möglichst genaues Bild der bestehenden Prozesse und deren Leistung zu erhalten. Zudem erfolgt eine Analyse der identifizierten Verluste, um Verbesserungspotenziale zu erkennen.

Referenzzustand

Anschließend werden die Standards überprüft und trainiert, um sicherzustellen, dass alle Teammitglieder mit den definierten Abläufen vertraut sind. Abweichungen von den Standards, auch bekannt als die 4M (Mensch, Maschine, Material, Methode), werden identifiziert und eliminiert, um die Prozesse in den Grundzustand zu bringen.

Ursachenanalyse

In dieser Phase kommen statistische Methoden zum Einsatz, um die Daten zu analysieren und eine erweiterte Problemanalyse durchzuführen. Zudem werden Datensammelpläne erstellt, um die Erhebung und Auswertung von Informationen systematisch zu gestalten.

Absicherung

Die Implementierung von visuellem Management ist entscheidend, um den Fortschritt des Projekts transparent zu gestalten. Die neu entwickelten Standards werden in die bestehenden Abläufe integriert, um eine nachhaltige Verbesserung zu sichern.

Shopfloor Management

Schließlich erfolgt eine tägliche Nachverfolgung der Fortschritte, um sicherzustellen, dass die Ergebnisse langfristig gesichert werden. Ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess wird implementiert, um die Effizienz der Abläufe weiter zu steigern.

Erfahren Sie in unserem Whitepaper, wie Sie Fokusprojekte in ein ganzheitliches OPEX-Programm einbetten und sich erfolgreich für die Zukunft aufstellen.

Erfolgsfaktoren und Herausforderungen

Der Erfolg des Projekts lässt sich auf mehrere Schlüsselfaktoren zurückführen:

  • Exzellente Einbindung der Mitarbeiter: Ein wesentlicher Erfolgsfaktor war die aktive Einbindung der Mitarbeiter vor Ort. Diese waren von Anfang an in das Projekt involviert und trugen maßgeblich zur erfolgreichen Implementierung der neuen Prozesse bei. Durch eine klare Kommunikation der Projektziele und -ergebnisse konnte das Verständnis für die Bedeutung der Optimierungsmaßnahmen gestärkt werden.
  • Transparente Kommunikation und Dokumentation: Die detaillierte Dokumentation der Zwischenergebnisse und die transparente Kommunikation der Projekterfolge halfen dem Kunden, die Erkenntnisse aus dem Projekt nachhaltig zu verankern. So konnte sichergestellt werden, dass die Optimierungen langfristig angewendet und weiterentwickelt werden.
  • Befähigung des Kunden: Ein zentrales Ziel des Projekts war es, den Kunden zur eigenständigen Weiterentwicklung der Prozesse zu befähigen. Durch die Vermittlung des angewandten Wissens und die Schaffung einer stabilen Datenbasis für weitere Entscheidungen wurde der Kunde in die Lage versetzt, zukünftige Optimierungsprojekte selbstständig durchzuführen.

Chancen und Risiken der datenbasierten Prozessoptimierung

Die Fallstudie zeigt, welche Potenziale die datenbasierte Prozessoptimierung in der Industrie bietet. Durch die Analyse großer Datenmengen können nicht nur kurzfristige Verbesserungen erzielt werden, sondern es entstehen auch langfristige Chancen für eine kontinuierliche Optimierung der Produktionsprozesse.

Chancen

  • Frühzeitiges Eingreifen bei negativen Trends: Die Analyse von Betriebsdaten ermöglicht es, Ineffizienzen frühzeitig zu erkennen und gezielt gegenzusteuern. Dies trägt zur Senkung der Betriebskosten bei und fördert die Innovationskraft eines Unternehmens.
  • Objektive Entscheidungsgrundlage: Eine datenbasierte Analyse schafft eine objektive Grundlage für Entscheidungen und reduziert potenzielle Konflikte, die durch persönliche Meinungen und Einschätzungen entstehen können.
  • Belastbare Datenbasis: Durch die Erhebung und Auswertung von Daten ohne Berücksichtigung persönlicher Präferenzen entsteht eine neutrale und belastbare Datenbasis, die als Grundlage für zukünftige Entscheidungen und Optimierungen dient.

Risiken

  • Fehlende Daten oder falsche Datenmenge: Eine Herausforderung stellte die Gewährleistung der statistischen Aussagekraft der erhobenen Daten dar, da andernfalls Fehlinterpretationen entstehen können. Zudem besteht die Gefahr, dass wichtige Einflussfaktoren, wie z.B. mechanische Einstellungen, nicht durch die Daten abgebildet werden.
  • Fehlinterpretationen von Korrelation und Kausalität: Insbesondere bei statistischen Auswertungen ist es wichtig, Kausalität und Korrelation sauber zu trennen, um Fehlinterpretationen zu vermeiden.
Die Vorgehensweise von Fokusprojekten stellt eine erfolgreiche und nachhaltige Verlustreduzierung sicher. Vor allem die Herstellung des Referenzzustandes birgt dabei das größte Potenzial und bleibt bei herkömmlichen Optimierungen unberücksichtigt.

Erkenntnisse und Ergebnisse aus dem Projekt

Referenzzustand

  • Das Verständnis zur Herstellung und Kontrolle eines definierten Referenzzustandes als Basis für weitere Optimierungen hilft dem Kunden, weitere Projekte erfolgreich umzusetzen.
  • Ein definierter Prozess mit klaren Grenzen stärkt die Prozesssicherheit und vereinfacht zukünftige Analysen zur Prozessoptimierung

Datenanalyse

  • Die Analyse der Betriebsdaten zeigt Potenziale auf, die sich direkt auf Energieverbrauch und Herstellungskosten auswirken → es herrscht ein besseres Verständnis für die Relevanz der Daten.

Kommunikation

  • Die exzellente Einbindung der Kollegen vor Ort bildet die Grundlage für eine erfolgreiche Implementierung
  • Einfluss und Erfolg müssen klar kommuniziert werden, um das Verständnis fürdie Sinnhaftigkeit des Projektes zu fördern

Dokumentation

  • Die detaillierte Projektverfolgung, einschließlich der wichtigen Zwischenergebnisse und der Vorgehensweise, unterstützt unseren Kunden dabei, die gewonnenen Erkenntnisse dauerhaft anzuwenden

Befähigung

  • Wir sehen es als zentrale Aufgabe, das im Rahmen des Projektes angewandte Wissen zu vermitteln und bei unseren Kunden zu verankern → Befähigung zur eigenständigen Weiterentwicklung

Steuerung der Ergebnisse

  • Die Überwachung der Betriebsarten und Verbräuche erfolgt nun im Shopfloor-Management, um das Bewusstsein für den Stromverbrauch und die Zielerreichung zu stärken → die Ergebnisse sind verankert

Erfahren Sie mehr über den systematischen Ansatz der Operational Excellence, worauf Sie bei der Implementierung achten müssen und wie Sie erfolgreich Ihre Effizienz steigern & Ihre Kosten senken können.

Fazit

Das Projekt zur Energiekostensenkung bei einer Papiermaschine zeigt, wie durch eine gezielte datenbasierte Prozessoptimierung erhebliche Einsparungen erzielt werden können. Die Kombination aus einer gründlichen Datenanalyse, der Implementierung eines automatisierten Steuerungssystems und der engen Einbindung der Mitarbeiter vor Ort führte zu einer deutlichen Reduzierung des Stromverbrauchs und einer langfristigen Sicherung der Ergebnisse. Dieses Projekt verdeutlicht, wie wichtig eine strukturierte Herangehensweise an die Prozessoptimierung ist und welche Potenziale noch in vielen Unternehmen schlummern, die durch datenbasierte Entscheidungen erschlossen werden können.

Finden Sie hier eine Zusammenfassung der Fallstudie zum Download als OnePager.

FAQ
Was ist ein Fokusprojekt – Major Kaizen? 

Ein Fokusprojekt oder auch Major Kaizen ist eine Methodik zur gezielten Senkung von Verlusten: bspw. OEE, Materialeffizienz, Kosten. Mittels dieser Projektmethodik werden Verluste gezielt reduziert. Zunächst werden Daten & Schwerpunkte gesammelt um das Projekt einzugrenzen. Im Anschluss wird ein Referenzzustand hergestellt, welcher alle vorhandenen & relevanten Standards auf den Prüfstand stellt und etabliert. Dies hat oft den größten Einfluss auf den Projekterfolg. Im Anschluss geht es an eine statistische Datenanalyse um die Ursachen zu kommen. Um die Lösungen nachhaltig zu etablieren ist die letzte Projektphase wichtig: Absicherung.

Wie lassen sich Energiekosten senken? 

Eine etablierte Vorgehensweise zur gezielten Senkung von Energiekosten sind sogenannte Fokusprojekte oder Major Kaizen. Mittels dieser Projektmethodik werden Verluste gezielt reduziert. Zunächst werden Daten & Schwerpunkte gesammelt um das Projekt einzugrenzen. Im Anschluss wird ein Referenzzustand hergestellt, welcher alle vorhandenen & relevanten Standards auf den Prüfstand stellt und etabliert. Dies hat oft den größten Einfluss auf den Projekterfolg. Im Anschluss geht es an eine statistische Datenanalyse um die Ursachen zu kommen. Um die Lösungen nachhaltig zu etablieren ist die letzte Projektphase wichtig: Absicherung.

Wie gehe ich bei der Datenanalyse vor? 

Die Datenanalyse ist in einem Fokusprojekt entscheidend. Beginnend mit einem Datensammelplan werden relevanten Daten definiert und erhoben. Die Erhebung sollte sich auf die vergangenen 6 Monate beziehen. Bei der Analyse sind bspw. relevante Fragestellungen: Welcher Wert gilt als Zielwert? Was ist die mittlere Abweichung der Gesamtdatenmenge zu den TOP10-Werten? Welche statistischen Werte sind außerdem interessant?